tt opthema Beim Baden und Schwimmen besteht immer ein gewisses Lebensrisiko, weil ein Mensch unter Wasser nicht atmen kann. Keine Auftriebshilfe kann hundertprozentige Sicher- heit vor dem Ertrinken bieten. Hersteller namhafter Auf- triebshilfen benennen das Risiko per Aufdruck: »Achtung, dieses Produkt bietet keinen Schutz vor dem Ertrinken!« Warum dann ein derartiges Produkt kaufen? Diese Frage hilft in der Argumen- tation meist nur bedingt weiter. Betrachten wir einmal kurz, was wir unter Auftriebshilfen verstehen: Sie helfen, den Verbleib an der Wasseroberfl äche zu verlängern. So können sie ein Unterge- hen im Wasser verhindern oder verzögern. Dieses Wissen, ge- paart mit emotionalen, angstbesetzten Argumenten, führt zu ei- ner Kaufmotivation, die eine scheinbare Sicherheit befriedigt. Die verbreitete Annahme, ein Kind geht mit Schwimmfl ügeln nicht unter, ist in diesem Fall für die Sicherheit nicht ausreichend, weil der Kopf nicht stabil über Wasser gehalten wird. Es ist unbe- dingt zu beachten, dass die elterliche Aufsichtspfl icht und das Kind in Reichweite des eigenen Armes – mit oder ohne Auftriebs- hilfe – immer noch die höchstmögliche Garantie für Sicherheit darstellen. Diese Tatsache muss von unserer Seite als DLRG stets in die Kommunikation mit den Eltern einfl ießen. Schwimmhilfen in der Lehrweise des Schwimmens Schwimmen und Baden machen Spaß. Um dies zu ermöglichen, sollte die Lehre des Schwimmens behutsam und auf möglichst natürliche Art und Weise erfolgen. Drei Schritte haben sich be- währt: zuerst die Wassergewöhnung, danach das Entwickeln von Grundfertigkeiten und erst in einem dritten Schritt erfolgt das Er- lernen des Bewegungsablaufs einer Schwimmart. Wasser ist anders und schwerer als Luft. Ein Bewegen im Wasser ist nicht mit erlernten Bewegungen an Land zu vergleichen. Dort bewegen wir uns aufrecht, im Wasser dagegen in nahezu hori- zontaler Körperlage. Schwimmhilfen unterstützen das Kind beim Erlernen des Schwimmens. Das wichtigste Unterscheidungs- merkmal zu Auftriebshilfen knüpft hier an: Schwimmhilfen unter- stützen mit ihrem Auftrieb das Schwimmen und die dafür nötige nahezu horizontale Körperlage im Wasser. Allein dieser Unterschied, weg von der gewohnten Senkrechten, erfordert Anpassung. Diese erfolgt im ersten Schritt durch Ge- wöhnung. Kinder, die das Element Wasser erleben wollen, müs- sen hier Neues erlernen. Die Eltern sind dabei von Anfang an die wichtigsten Begleiter. Sie können Berührungssituationen mit dem Wasser bereits zu Hause beim Abbrausen, Spielen oder Tau- chen in der Badewanne unter Aufsicht bewusst herbeiführen. Alles, was Spaß macht, ist möglich. Nur der Raum der Badewan- ne setzt Grenzen. Notwendig ist es dennoch, so nah am Kind zu bleiben, dass mit einem Griff jede Situation gerettet werden kann. Das gilt erst recht beim ersten Besuch eines Schwimmbades. Es kann nach Herzenslust ausprobiert werden, was Freude macht. Spritzen und Planschen sind erwünscht. Ist das Kind in Reichwei- te, sind Auftriebsmittel in einem Plansch- oder Kinderbecken nicht nötig. Den Umgang mit Schwimmhilfen, die ebenfalls ei- nen künstlichen Auftrieb erzeugen, können Kinder in dieser Ken- nenlernphase des Wassers noch nicht bewältigen. Für die Lehr- weise des Schwimmens gehen wir daher noch einen Schritt weiter: In der Wassergewöhnung ist die Nutzung von Auftriebs- mitteln und Schwimmhilfen tabu. 10 Lebensretter 2 . 2022 »Warum?«, fragen sich die besorgten Eltern. Ein Kind kann sich nur an das gewöhnen, was es unverfälscht wahrnimmt. Im Was- ser erfährt jeder Körper, der eintaucht, eine entgegen der Erdan- ziehungskraft wirkende, nach oben gerichtete Auftriebskraft. An diese sollen sich Schwimmanfänger gewöhnen, weil sie diese auch später beim Schwimmen nutzen. Wasser trägt. Diesen Satz haben sicher viele bereits gehört. Wird das Erleben dieser Kraft durch künstliche Auftriebsmittel verfälscht, verzögert sich der Ge- wöhnungseffekt. Ist die Gewöhnung erfolgt, wird aus dem Plan- schen und Spritzen schnell ein Bewegen im Wasser. n n a m p e S i l e a h c i M : o t o F Für das folgende Schwimmenlernen kommen nun Grundfertig- keiten wie z. B. Atmen, Springen, Gleiten und Tauchen ins Spiel. Diese bereiten zielgerichtete und kraftsparende Bewegungen im Wasser vor. Damit dieses Fundament für das spätere Schwim- menlernen trägt, muss es gut ausgebildet werden. Es bietet wichtige Lernvoraussetzungen für alle Schwimmarten, unabhän- gig von Bauch- oder Rückenlage. Gut ausgebildete Grundfertig- keiten unterstützen nachhaltig das Erlernen jeder Schwimmart. An Land bewegen wir uns durch den senkrechten Gang auf dem Boden. Im fl achen Wasser erfahren wir, dass diese Form der Be- wegung mühsam ist. Kinder erkennen bei Platzwechselspielen schnell, dass derjenige im Vorteil ist, der gleitet oder sich durch kleine Sprünge vielleicht sogar hechtend durchs Wasser auf die andere Seite bewegt. Sie erfahren, dass im Wasser eine waage- rechte Körperhaltung Vorteile mit sich bringt. Aus diesem Grund gehört auch das Gleiten zu den Grundfertigkeiten. Diese zu leh- ren, das gelingt Fachleuten des Schwimmens am besten. Schwimmausbilder besitzen methodisch-didaktische Kenntnisse über die Lehrweise. Auch am Anfang dieses zweiten wichtigen Schrittes hin zum Er- lernen des sicheren Schwimmens sind keine Auftriebsmittel oder Schwimmhilfen nötig. Schnell leuchtet ein: Mit einem Gegen- stand, der einen künstlichen Auftrieb erzeugt, fällt vor allem das Üben des Tauchens als Grundfertigkeit schwer. Das Heraufholen eines Gegenstandes vom Beckenboden dürfte misslingen. Wenn erste positive Bewegungserlebnisse bei allen Grundfertig- keiten vorliegen, kann ein sparsamer Einsatz von Schwimmhil- fen sinnvoll sein. Wann das der Fall ist und für welche der Grund- fertigkeiten das sinnvoll sein kann, dazu bedarf es fundierter Kenntnisse in der Lehre des Schwimmens. Aus diesem Grund empfehlen wir den Eltern stets den Besuch eines Schwimmkur- ses bei uns in der DLRG. Welche Rolle spielen Auftriebshilfen nun beim dritten Schritt, dem Erlernen einer Schwimmart? Keine! Da Auftriebshilfen nur den Verbleib an der Wasseroberfl äche verlängern und dabei die