niedersachsen GESCHÜTZT IM KATASTROPHENFALL Einsatzkräfte bereiten sich auf Hochwasserlage vor Samstag, 23. April 2022. Bedingt durch anhaltende Regen fälle und die Schneeschmelze im Harz kommt es zu Überschwem- mungen. Weite Teile des Braunschweiger Stadtgebiets stehen unter Wasser. Straßen wie die viel befahrene BAB 39 sind nicht mehr passierbar. 54 Einsatzkräfte des Landeseinsatzzuges OST der DLRG Nie- dersachsen befi nden sich seit den früheren Morgenstunden in einem Bereitstellungsraum auf dem Messegelände in Braun- schweig. Um 9 Uhr kommt schließlich die Alarmierung: Der Okerdüker in Watenbüttel soll abgesichert werden, um weitere Schäden des Ortsteils zu verhindern. Noch während der Anfahrt ändert sich plötzlich die Alarmierung: Eine eingeschlossene Familie muss aus ihrem Wohnhaus am Südsee evakuiert wer- den. Die Großmutter ist bettlägerig, kann sich also nicht selbst befreien. Ihr 17-jähriger Enkel ist die Treppe hinuntergestürzt und verletzt. Der jüngere Bruder, 14 Jahre, wird vermisst – all das wissen die Einsatzkräfte natürlich noch nicht. Glücklicherweise handelt es sich hierbei nicht um ein reales Szenario, sondern um eine Katastrophenschutzübung, geplant von der DLRG Ortsgruppe Braunschweig. Die Bezirke Braun- schweig und Celle organisieren die Übung im Wechsel einmal im Jahr (meist im Frühjahr, vor Saisonbeginn), um sich auf Schadenslagen wie diese vorzubereiten – so zumindest zu Zei- ten vor der Corona-Pandemie. Die Übung am 23. April hatte Dominik Brudke, stellvertretender Technischer Leiter Einsatz der Ortsgruppe Braunschweig, schon vor zwei Jahren geplant. »So musste ich nur noch in die Schub- lade greifen, ein paar Stellen anpassen und das Szenario stand, zumindest auf dem Papier«, sagt Brudke. Nichtsdestotrotz war die Ortsgruppe knapp ein halbes Jahr mit den Vorbereitungen, Behördenabsprachen usw. beschäftigt. Im Fokus der Übung sollten die Basisaufgaben im Katastrophenschutz stehen. Dazu gehören unter anderem die Lageerkundung, Errichtung einer Führungsstelle und Einteilung des Gebietes in Einsatzgebiete, das Kranen von Booten, Arbeiten mit Sandsäcken (u. a. auch das Errichten von Dämmen), Arbeiten am Wasser und der Trans- port von Patienten. »Aufgrund der pandemiebedingten Pause IV Lebensretter 2 . 2022 war uns besonders wichtig, dass die Zusammenarbeit funktio- niert, eine klare Kommunikation stattfi ndet und natürlich alle Szenarien erfolgreich abgearbeitet werden«, so Brudke weiter. Um die Lage zu bewältigen, teilen sich die Kräfte in verschiede- ne Teams auf. Kommuniziert wird über Funk. Während an der Kranstelle die Boote zu Wasser gelassen werden, werden auf Höhe der Brücke nach Stöckheim parallel dazu Sandsäcke an- geliefert. Zwei Bootstrupps nähern sich wasserseitig dem zu evakuierenden Wohnhaus. Hier ist besondere Vorsicht geboten: Das Gebäude ist beschädigt, auch der angrenzende Steg ist in- stabil. Am Wohnhaus angekommen (ehem. DLRG Station am Südsee) sind die Rufe der 69-jährigen Oma Gerda (gespielt von Julia Nultsch) lautstark zu hören. Sie ist bettlägerig, dazu noch schwerhörig und versteht die allgemeine Situation nicht. Ihr 17-jähriger Enkel Simon (gespielt von Timo Bernhardt) stürzt beim Versuch, seinen Vater zu holen, von der Treppe. Vermutlich sind Wirbelsäule und Arme verletzt. Auch seine Wehklagen sind lautstark zu hören. Vater Michael, 43 Jahre (gespielt von Arne Apostel) sitzt wippend draußen auf dem Steg und steht kom- plett unter Schock. Das jüngste Familienmitglied, der 14-jährige Max, wird unterdessen vermisst. Später soll sich herausstellen, dass er ins Wasser stürzte. Taucher suchten den See ab. Keine Angst, hier kam kein Komparse, sondern eine Puppe zum Ein- satz. Souverän gehen die Einsatzkräfte mit der Situation um: Sie be- fragen Großmutter und Enkel nach ihrem (Gesundheits-)Zu- r e m ä r K l a t n a h C - a n i r a C : ) 2 ( s o t o F stand, beruhigen den apathischen Vater und bringen die Fami- lie, zum Teil mithilfe von Tragen, sicher aus dem Gefahrenbereich. Auch der Sandsacktransport am Zulauf des Südsees von der Oker verläuft reibungslos, sodass die Übung um 15 Uhr, drei Stunden vor dem geplanten Ende, erfolgreich abgeschlossen werden kann. »Die Verbandsfahrt war zügig und geschlossen, die Fahrzeuge wurden geschickt auf dem begrenzten Raum rund um den Südsee positioniert und die Schadenslagen nach Dringlichkeit priorisiert«, fasst der Übungsleiter zusammen. Ein gesammeltes Feedback der teilnehmenden Kräfte gebe es zwar noch nicht, »doch war in jedem Fall die Freude über das Wie- dersehen nach zwei Jahren Pandemie sehr groß«, so Brudke. Allzu lange müssen die Kameraden nicht auf den nächsten Ter- min warten: Im Herbst folgt eine kleinere Übung des Bezirks Braunschweig, ehe im Frühjahr 2023 dann die nächste Groß- übung im Bezirk Celle stattfi ndet. Carina-Chantal Krämer